Von Thomas Gawlitta, Gründer Impact Insider
Laut Handelsverband Deutschland existieren hierzulande aktuell mehr als eine halbe Millionen Verkaufsstellen von Handelsimmobilien, die zusammen mehr als 20 Millionen CO2-Äquivalente, also Treibhausgase aller Art, ausstoßen. Shopping-Malls dominieren diesen Sektor. Nicht nur, was das Transaktionsvolumen angeht, sondern auch die Emissionsbilanz. Das macht den Einzelhandel im Allgemeinen, und Betreiber von Handelsimmobilien im Speziellen, zu unverzichtbaren Partnern im Klimaschutz. Aber wie kann Klimaschutz in dieser anspruchsvollen Asset-Klasse funktionieren? Und wo gibt es positiv-Beispiele?
Keine Nachhaltigkeit, kein Wettbewerb
Bereits im Jahr 2020 titelte MEC, ein führendes deutsches Unternehmen im Bereich Handelsimmobilien, dass ohne Nachhaltigkeitsstrategien Renditenverluste von 15 Prozent oder mehr drohten. Das Unternehmen stützte sich dabei auf eine von ihnen durchgeführte Umfrage, die bestätigt, dass mehr als 80 Prozent der Investoren ESG-Kriterien bei Anlageentscheidungen berücksichtigten. Jedes Unternehmen braucht Investoren, um langfristig im Wettbewerb zu bestehen. Nachhaltigkeit hat sich aus der Ecke des Nice to have herausentwickelt und ist mittlerweile das entscheidende Kriterium, wenn langfristiger Erfolg gesichert werden soll. Das ist den meisten Besitzern und Investoren von Handelsimmobilien bewusst. Bereits im Jahr 2015 haben sich führende deutsche Unternehmen des Einzelhandels zu den Pariser Klimaschutzzielen bekannt und bauen seitdem ihre Energiekonzepte um. Vor allem der Einsatz von erneuerbaren Energien konnte den CO2-Ausstoß von 1990 bis heute im Einzelhandel um 54 Prozent senken. Das Umweltbundesamt bestätigt diese Angaben.
Die Reduktion von Treibhausgasemissionen ist nicht nur für den Klimaschutz unabdingbar, sie steigert gleichzeitig den Immobilienwert. Um diesen Prozess in der Asset Klasse Handelsimmobilie voranzutreiben und zu optimieren haben im Juni vergangenen Jahres der deutsche Verband für Facility Management (GEFMA) und das German Council of Shopping Places (GCSP) Kooperationsvereinbarungen beschlossen. Handelsimmobilien, so sagt es Martin Schenk, Vorstandsvorsitzender von der GEFMA, hätten eine Signalwirkung, da in keiner anderen Asset-Klasse die Interessen von Investoren und der breiten Bevölkerung so deutlich aufeinanderträfen wie an diesen komplexen Standorten.
ESG-Strategien benötigen nachhaltige Betreiberkonzepte
Mit komplex meint Martin Schenk die unterschiedlichen Anforderungen an das Raumklima, die vor allem in Shopping-Malls den Einsatz von Energieeffizienzmaßnahmen an der Gebäudetechnik erschweren. In Restaurants muss ein anderes Raumklima herrschen als in Supermärkten, in Supermärkten muss ein anderes Raumklima herrschen als in Fitnessstudios
– die Liste ist endlos ergänzbar. Um Energieeffizienzmaßnahmen auch hier durchzusetzen, braucht es besonders smarte Technologien und Lösungen. Auf dem Markt sind bereits einige Smart Data Produkte mit nachgewiesenen Einsparungen im Bereich der Handelsimmobilien im Einsatz. Ein hervorzuhebender Ansatz lässt sich in der Shopping Mall ‚Das Schloss‘ im Berliner Stadtbezirk Steglitz finden. Das 2006 fertiggestellte Einkaufszentrum ist 42.000 Quadratmeter groß und die einzelnen Läden werden von insgesamt 95 verschiedenen Mietern genutzt. Die Anforderungen an das Raumklima sind dementsprechend variierend und herausfordernd. Die MeteoViva GmbH mit Sitz in Jülich fokussiert sich auf Smart-Data Lösungen im Gebäudemanagement und hat einen Ansatz entwickelt, der die Energiekosten bereits im ersten Jahr um 20 Prozent, sowie den CO2-Ausstoß um 17 Prozent senken konnte. ‚Das Schloss‘ ist damit nicht nur Pilotprojekt, sondern auch Vorbild für viele andere Handelsimmobilien. Wie funktioniert also die Technik von MeteoViva?
Dynamische Simulationsmodelle als Erfolgskonzept
MeteoViva setzt auf den vorausschauenden Einsatz der HLK-Anlagentechnik großer Gebäude. Mit Hilfe eines expliziten thermodynamischen Modells, das die Bauphysik, Einflüsse des Nutzers und die Charakteristik der Anlagentechnik kombiniert wird der
Wäme-, Kälte- und Lüftungsbedarf der unterschiedlichen Läden und Nutzungsflächen zusammengeführt und der Anlagenbetrieb für die gesamte Immobilie optimiert.
Die Investitionen amortisieren sich schon nach 1,3 Jahren. „Die Technologie ist ein relevantes Element, um die Transformation der Immobilienwirtschaft zu mehr Nachhaltigkeit voranzutreiben und die ESG-Ziele zu erreichen“, sagt MeteoViva Geschäftsführer Uwe Großmann. Die mit dieser Technologie erzielten Ergebnisse zeigen, dass auch herausfordernde Anforderungen an das Raumklima smart und klimaschonend gelöst werden können. ‚Das Schloss‘ ist ein weiteres Projekt, das zeigt: Nachhaltigkeit ist der Gamechanger unserer Zeit. Auch für Handelsimmobilien. Denn sie werden auch zukünftig einen wichtigen Beitrag auf dem Weg leisten, Deutschland bis 2045 treibhausgasneutral zu machen.
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