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Der Gebäuderessourcenpass als Basis für Circular Real Estate

Aktualisiert: 22. Juni 2023

Von Dr. Patrick Bergmann, Geschäftsführer Madaster Germany


Steigende Energiekosten und schwindende Ressourcen sorgen in der Immobilienwirtschaft nach Jahren des vermeintlichen Entwicklungsstillstands für Innovation und Umdenken. Faktoren wie Nachhaltigkeit und Klimafreundlichkeit gewinnen vor allem im Bau und der Bewirtschaftung von Immobilien immer mehr an Bedeutung, wobei aktuell der Fokus vor allem auf einer optimierten Energiebilanz liegt. Um jedoch eine ganzheitliche Ökobilanz eines Gebäudes darstellen zu können, braucht es mehr als das. Hierfür müssen alle Faktoren entlang der Wertschöpfungskette und des Lebenszyklus einer Immobilie erfasst und aufbereitet werden. Im Koalitionsvertrag der aktuellen Bundesregierung wird genau das in Form eines Gebäuderessourcenpasses thematisiert.


Gebäude mit Identität


Der grundlegende Gedanke eines Gebäuderessourcenpasses ist die zentrale Erfassung aller immobilienspezifischen Daten, auf deren Basis unter anderem Auskunft über die im Gebäude gebundene graue Energie gegeben werden kann. Er dient als Informationsspeicher und erleichtert damit den Datenaustausch zwischen Eigentümer und Dienstleistern von Beginn der Planungsphase bis hin zur Bewirtschaftung des Objekts. Ein weiterer entscheidender Vorteil liegt in der Transparenz, die nicht nur eine fundierte Entscheidungsgrundlage in finanziellen und wirtschaftlichen Fragen bildet, sondern zudem eine optimale Ressourcennutzung ermöglicht. Besonders letztere ist künftig zwingend notwendig, da sich Projektentwickler und Bauherren bereits heute in vielen Bereichen mit zunehmender Materialknappheit und steigenden Rohstoffpreisen konfrontiert sehen.


Alle Fakten auf einen Blick – von der Herstellung bis zum Abriss


Im Gegensatz zu klassischen Speichern, die lediglich zur Aufbewahrung von Informationen ausgelegt sind, ist der Gebäudepass ein aktives Medium. Beginnend während der Planungsphase werden alle gebäuderelevanten Daten gesammelt. Hierzu gehören neben der Art und Menge der verbauten Materialien auch deren Zusammensetzung, Toxizität, Verortung im Gebäude sowie Angaben zur Recyklierbarkeit und emittierten CO2-Emissionen. Ergänzt wird dies im Laufe der Zeit um alle nötigen Verwaltungsdokumente der Immobilie, ihrer technischen und funktionalen Merkmale sowie der ökologischen, sozialen und finanziellen Leistung. Dies kann neben klassischer Dateneingabe wahlweise auch durch den Upload von Energieausweisen, Nachhaltigkeitszertifizierungen, Material-, Renovierungs- und Klimapässen sowie Materiallisten geschehen. Das Resultat bildet ein lebendiges Dokument, das nicht nur Einblicke in den ursprünglichen Entwurf und die verwendeten Materialien und Bauteile gibt, sondern auch eine kontinuierliche dynamische Aufzeichnung aller Leistungsdaten umfasst. Bei einem Verkauf einer Immobilie wechselt auch der Gebäudepass den Eigentümer, sodass Daten und Gebäude stets zusammen sind. Bei einem Blick auf den internationalen Immobilienmarkt schafft eine flächendeckende Einführung des Gebäuderessourcenpasses Transparenz, Sicherheit und exakte Vergleichbarkeit. Gleiches gilt im Falle eines Rückbaus. Durch die umfassende Dokumentation der verbauten Rohstoffe kann auf Basis des Gebäudepasses der reine Materialwert einer Immobilie bestimmt und Materialien effektiv recycelt und dem Rohstoffkreislauf erneut zugeführt werden.


Nächste Etappe: Kreislaufwirtschaft


Für die Etablierung einer funktionierenden Kreislaufwirtschaft braucht es jedoch noch mehr als einen allgemein verpflichtenden Gebäudepass. Es benötigt gemeinsame Datenstandards und die Erstellung eines flächendeckenden Materialkatasters. Madaster stellt dafür bereits heute ein digitales Kataster zur Verfügung, das mit Hilfe von Herstellerinformationen die genaue Identifizierung von Bauprodukten ermöglicht und damit ihre Wiederverwendung und -verwertung fördert. Um künftig regionale Wertschöpfungsketten zu etablieren und Stoffströme effektiv zu organisieren, muss der digitale Gebäudepass demnach mit einem Materialkataster und anschließend mit nationalen oder lokalen Katastern beziehungsweise Registern verknüpft werden. Nur so kann die Kreislaufwirtschaft funktionieren und Ressourcen künftig nachhaltiger genutzt werden.




Dr. Patrick Bergmann
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